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Parteien zum Thema Elektrosmog und Gesundheit: 3. Bündnis 90/Die Grünen

Die Elektrosmognews haben die Parteien gefragt, welche Pläne und Konzepte die Parteien zur Problematik elektromagnetische Felder und Gesundheit für die nächste Legislaturperiode haben. 10 Fragen wurden übermittelt. Heute die Antworten der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Antworten von Bündnis 90/Die Grünen zu unseren Fragen:

Frage 1. Was hat Ihre Partei in der abgelaufenen Legislaturperiode unternommen, um die Forschung auf dem Gebiet elektromagnetische Felder und Gesundheit voranzutreiben? Was hat sich für die Anwohner von Mobilfunk- und Rundfunk-/TV-Sendern sowie Nutzer von Handys und DECT-Telefonen durch Ihre Politik ganz konkret verbessert?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Wir von Bündnis 90/Die Grünen nehmen die Sorgen der BürgerInnen um mögliche Gesundheitsschädigungen durch Elektrosmog sehr ernst. So war Mobilfunk Thema zahlreicher parlamentarischer Initiativen - von Anfragen bis hin zu Entschließungsanträgen und Fachgesprächen. Der Umweltausschuss des Bundestags hat dazu im Sommer letzten Jahres eine große, öffentliche Anhörung durchgeführt.

Wir haben in der laufenden Wahlperiode Einfluss auf die Novellierung der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung genommen, mit dem Ziel die Grenzwerte zu verschärfen. Wir forderten für die Strahlungsintensität an sensiblen Standorten eine Senkung um den Faktor 1.000 und für Handy-Endgeräte einen Warnhinweis für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Aber letztlich konnten wir für eine allgemein gültige Grenzwerteverschärfung keine Mehrheiten gewinnen, weder innerhalb der Koalition, noch im Bundestag oder im Bundesrat.

Im Dezember vergangenen Jahres haben wir eine Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber gegenüber der Bundesregierung zu Vorsorgemaßnahmen im Bereich Mobilfunk erreicht. Diese Absprache ergänzt eine Vereinbarung der Betreiber mit den kommunalen Spitzenverbänden vom Sommer letzten Jahres über
einen verbesserten Informationsaustausch und über eine kommunale Beteiligung bei der Standortsuche. Zu den vereinbarten Maßnahmen der Bundesregierung gehören:

· Intensivierung der Forschung
· Errichtung der Datenbank zu genehmigten Standorten (RegTp)
· Zusätzliche Mittel zur Information der Öffentlichkeit
· Prüfung der freiwilligen Verpflichtung.

Wir haben mit dafür gesorgt, dass umfangreiche Forschungsmittel zu den möglichen Gesundheitsgefährdungen durch Mobilfunkstrahlung bereitgestellt wurden: So hat das BMU für 2002-2005 8,5 Mio. Euro für die
Mobilfunkforschung vorgesehen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat Forschungsvorhaben zu technischen Regulierungsfragen im Rahmen der zugesagten 5 Mio. EUR auf den Weg gebracht und das
Bundesministerium für Bildung und Forschung bereitet eine Pilotstudie zu energiesparenden Mobilfunktechnologien vor (Umfang 7 Mio. EUR).

Wir haben im August dieses Jahres in einem ersten Fachgespräch zum Thema die Umsetzung der Vereinbarung und die Wirksamkeit der vorgesehenen Informations- und Beteiligungsrechte geprüft. Für den Dezember dieses Jahres erwarten wir den ersten Bericht der Betreiber über den Stand der Umsetzung.

Frage 2. Welche Pläne haben Sie diesbezüglich für die kommende Legislaturperiode?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Bisher kann der Bundestag keine Erhöhung der Grenzwerte beschließen. Er beschließt zwar Gesetze, nicht aber Verordnungen. Diese werden von der Bundesregierung erlassen und sind dann mit dem Bundesrat auszuhandeln. Wir haben aber erst kürzlich eine Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes durchgesetzt, wonach künftig bei bestimmten Verordnungen auch der Bundestag mit einzubeziehen ist, und zwar immer dann, wenn Emissions- oder Immissionswerte festzusetzen oder zu ändern sind. D. h. wir werden in der kommenden Legislaturperiode im Bundestag an der Novellierung der Mobilfunkgrenzwerte beteiligt sein.

Wir werden die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarungen kritisch prüfen und bei fortbestehenden Defiziten entsprechende Maßnahme einleiten. Wir werden uns weiter für die Absenkung der Grenzwerte, die Kennzeichnung von Geräten und den Schutz besonders gefährdeter Bevölkerungsgruppen (Kinder, kranke u.
alte Menschen) einsetzen.

Frage 3. Wird Ihre Partei die unserer Ansicht nach dringend erforderlichen epidemiologischen Studien bei Anwohnern von Mobilfunksendern sowie Nutztieren unterstützen, verbunden mit Messungen der Strahlenbelastung?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Siehe die Antwort zu Frage 1: Forschungsmittel zur Gesundheitsgefährdung!

Frage 4. Dr. Anne Dehos vom Bundesamt für Strahlenschutz hat erklärt, die derzeitigen Grenzwerte trügen dem Vorsorgegedanken in keiner Weise Rechnung. Zahlreiche Studien haben unterdessen in jüngster Zeit biologische Effekte weit unterhalb der gültigen Grenzwerte nachgewiesen, viele kritische Wissenschaftler und Organisationen fordern deshalb eine massive Senkung der Grenzwerte und eine Verbesserung der Antennentechnologie. Was wird Ihre Partei konkret tun, um dem Vorsorgegedanken in akzeptabler Weise Rechnung zu tragen?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Laut Bundesamt für Strahlenschutz gibt es keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse, die eine Absenkung der Grenzwerte notwendig machen würden. Wir haben, wie oben bereits ausgeführt, umfangreiche Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht, die Aufschluss über den Zusammenhang Gesundheitsschäden und
Strahlung (thermische und athermische Wirkungen) sowie Grenzwerte und über neue Innovationen in der Antennentechnologie erwarten lassen. Auf Basis dieser Forschungen werden wir Entscheidungen treffen, die dem Vorsorgeprinzip Rechnung tragen.

Frage 5. Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König (Homepage des BfS sowie Zeitungsinterviews), und die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, Gro Harlem Brundtlandt (Reuters 29.08.2002), haben wiederholt vor der Benutzung von Handys durch Kinder gewarnt. Leider ist die breite Veröffentlichung dieser Warnungen bisher unterblieben. Was wird Ihre Partei tun, um diese Warnungen der breiten Öffentlichkeit zukommen zu lassen und Eltern damit Einflussmöglichkeiten auf ihre Kinder zu geben?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Bündnis 90/Die Grünen fordern für die Strahlungsintensität an sensiblen Standorten eine Senkung um den Faktor 1.000 und für Handy-Endgeräte einen Warnhinweis für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Außerdem setzen wir uns für die transparente Kennzeichnung aller Endgeräte ein.

Frage 6. Wie gewährleistet Ihre Partei bei der Vergabe notwendiger Studien die Unabhängigkeit der Wissenschaftler, den Ausschluß von Industrie-Lobbyismus und die Einbeziehung kritischer Experten?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Die Vergabe der oben genannten (Pkt. 1) Forschungsmittel erfolgt über die zuständigen Expertengremien der jeweiligen Ministerien, an deren Objektivität und Seriosität zu zweifeln wir keinerlei Anlass haben. Ebenso
wie zu den Anhörungen, etwa jener im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages oder den Fachgesprächen werden kritische Experten aus BIs und unabhängige Wissenschaftler eingeladen. Für die Forschungsvorhaben (in den drei Ministerien) steht jedem Experten mit der entsprechenden Fachexpertise und Forschungskonzeption die Antragstellung frei. Wir haben uns immer für mehr Transparenz in der Forschung eingesetzt: zur Zeit ist die
Bundesregierung dabei, alle Forschungsergebnisse und -planungen zum Thema Mobilfunk zusammenzustellen und diese Übersicht öffentlich zugänglich zu machen (via Internet).

Frage 7. Welche Instrumentarien plant Ihre Partei, um demokratische Mitspracherechte von Anwohnern und Kommunen bei der Installation neuer Sendeanlagen sowie für Standortverlegungen einzuführen?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

In der Bilanzveranstaltung zur Umsetzung der Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber und Kommunen ist klar geworden, dass die Selbstverpflichtung die Situation verbessert hat im Vergleich zur Situation davor. Jedoch sind eine Reihe von Verpflichtungen noch nicht abgearbeitet worden. Das Informationsgefälle ist nicht mehr so groß: so werden Kommunen mittlerweile besser in die Planung der Sendeanlagen einbezogen. Die BürgerInnen als Betroffene werden aber noch zu wenig informiert. Dies ist noch ein ganz großes Defizit in der Umsetzung.

Wir setzen uns dafür ein, dass die BürgerInnen: erstens Zugang zu den Standortdaten haben, zweitens in die Planung einbezogen werden und drittens besser über den Sachstand informiert werden.

Im Zusammenhang mit dem Zugang der BürgerInnen zu den Standortdaten sind rechtliche Unklarheiten beim Datenschutz aufgetreten. Zwar sieht das Umweltinformationsrecht Informationsrechte auch für den Einzelnen vor, einer Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit wird aber noch zu wenig Bedeutung eingeräumt. Die Datenschutzprobleme sind aber nicht unüberwindbar, wir werden uns in der kommenden Legislaturperiode hier für schnelle Regelungen einsetzen, damit die Herausgabe der Daten an die Öffentlichkeit sichergestellt werden kann. Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir darüber hinaus gesetzliche Regelungen vornehmen müssen, wenn die in beiden Vereinbarungen zugesagten Abstimmungsbeteiligungen nicht greifen sollten.

Frage 8. Was kann Ihre Partei tun, um Handy- und DECT-Nutzer beim Kauf von Geräten sowie fortlaufend über Gesundheitsrisiken zu informieren?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Dass weniger strahlende Handys mit dem Label "strahlungsarm" versehen werden, ist Inhalt der Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Mobilfunkbetreibern. Wir haben uns aus umwelt- und verbraucherpolitischer
Sicht schon länger für die Kennzeichnung strahlungsarmer Handys eingesetzt. Im Frühsommer dieses Jahres hat sich die Jury Umweltzeichen für die Einführung eines Handylabels mit dem Blauen Engel ausgesprochen bzw. eine
entsprechende Vergaberichtlinie für das Umweltzeichen "umweltfreundlich, weil strahlungsarm" herausgegeben.

Diesen Ansatz für mehr Transparenz unterstützen wir. Seit dem können sich Handyhersteller um das Umweltzeichen bewerben, deren Geräte eine Strahlungsintensität von höchstens 0,6 SAR aufweisen. Auf diesem Weg können Sie als Verbraucherin oder Verbraucher strahlungsarme Geräte sofort beim Kauf und nicht erst durch Lesen der Bedienungsanleitung erkennen. Ein solches Label soll die Entwicklung von Handys mit immer niedrigeren SAR-Werten voran bringen. Bisher sträuben sich Handyhersteller gegen die Einführung eines solchen Labels. Wir kommunizieren offensiv bei Veranstaltungen und gegenüber unseren Mitgliedern, dass für die VerbraucherInnen die Möglichkeit besteht, sich über die Strahlungsintensität der handelsüblichen Handys auf den Internetseiten des BMU und BfS (http://www.bfs.de) zu informieren.

Frage 9. Wird Ihre Partei die Senkung der Grenzwerte für Hochfrequenzanlagen (Mobilfunksender, Rundfunk- und TV-Sender) sowie für Niederfrequenzanlagen (Hochspannungsleitungen, Trafostationen, Hausinstallationen) fordern, wenn ja, in welchem konkreten Umfang?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Wir setzen uns auch weiterhin für eine Senkung der Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung durch den Mobilfunk ein und orientieren uns dabei am vorsorgenden Umwelt- und Gesundheitsschutz. Konkreten
Handlungsbedarf werden wir aus der Auswertung der Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber und den laufenden Forschungsergebnissen ableiten.

Frage 10. Unterstützt Ihre Partei die Einführung rechtsverbindlicher Vorsorgewerte für Handys, schnurlose DECT-Telefone, W-Lan-Sender, Bluetooth usw. und zwar in Höhe von Werten, bei denen negative biologische Effekte auf Zellebene beobachtet wurden?

Antwort von Bündnis 90/Die Grünen:

Siehe Antwort zu 1. und 9.

Link zur Mobilfunk-Position von Bündnis 90/Die Grünen:

http://www.gruene-fraktion.de/rsvgn/rs_dok/0,,1557,00.htm

Homepage von Bündnis 90/Die Grünen: http://www.gruene.de/

Wahlkampf-Seite von Bündnis 90/Die Grünen: http://www.gruen-wirkt.de/

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