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Bundesamt für Strahlenschutz: Juristische Möglichkeiten gegen Mobilfunksender

Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz, Infoblatt 06/2002 vom 22. April 2002

BfS
Bundesamt für
Strahlenschutz
Infoblatt
06/2002
22. April 2002

Rechtsschutzmöglichkeiten
gegen die Errichtung und den Betrieb
von Mobilfunkanlagen

Die Errichtung von Mobilfunkanlagen führt in der Nachbarschaft häufig zu Ängsten vor massiven Gesundheitsschädigungen. Für die Bürgerinnen und Bürger, in deren Wohnortnähe eine derartige Anlage
errichtet wird, stellt sich daher die Frage, an wen sie sich wenden können, um nähere Informationen über
die Anlage zu erhalten und deren rechtliche Zulässigkeit ggf. überprüfen zu lassen. Haben Sie Bedenken
gegen die Errichtung oder den Betrieb einer Mobilfunkanlage in Ihrer Nähe, sollten Sie sich zunächst an
die zuständigen Behörden und den Betreiber wenden.

Welche Behörden kommen als Ansprechpartner
in Betracht ?

Untere Baubehörde:
In der Praxis wenden sich Eigentümer benachbarter
Grundstücke in erster Linie an die untere Baubehörde
(Landkreis oder Gemeinde). Dies ist zweckmäßig,
weil die unteren Baubehörden nicht nur die Verein-
barkeit der Anlage mit dem Öffentlichen Baurecht
überprüfen, sondern über das Rücksichtnahmegebot
des Baurechts auch die Einhaltung der Vorgaben der
26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elekt-
romagnetische Felder-26.BlmSchV). Sie können bei
der unteren Baubehörde anfragen, ob für die Anlage
in Ihrer Nähe eine Baugenehmigung erforderlich ist.
Verstößt die Anlage gegen nachbarschützende Vor-
schriften des öffentlichen Baurechts, kommt die Ein-
legung eines Widerspruches gegen die Baugenehmi-
gung, die Erwirkung eines Baustopps, einer Nut-
zungsuntersagung oder einer Beseitigungsanordnung
in Betracht.
Regulierungsbehörde für Telekommunikation und
Post (RegTP):
Sendeanlagen dürfen nur betrieben werden, wenn
sichergestellt ist, dass sie die Grenzwerte der 26.
BlmSchV einhalten. Sofern eine Anlage eine maxi-
male äquivalente Strahlungsleistung von 10 Watt
oder mehr aufweist, muss bei der RegTP eine Stand-
ortbescheinigung für die Anlage beantragt werden.
Nachbarn von Mobilfunkanlagen können in der Regel
die Standortbescheinigung in der zuständigen Au-
ßenstelle der RegTP einsehen.
Immissionsschutzbehörde:

Auch die nach dem jeweiligen Landesrecht be-
stimmten Immissionsschutzbehörden überwachen die
Einhaltung der Grenzwerte der 26. BlmSchV durch
die Mobilfunkanlagen. Immissionsschutzbehörde
kann je nach Landesrecht z. B. das Gewerbeauf-
sichtsamt, der Landkreis, der Regierungspräsident
oder auch eine Landesumweltbehörde sein.
Kommunalverwaltung:
Sie können bei der Kommunalverwaltung anfragen,
ob sich die Mobilfunkbetreiber bei der Errichtung ei-
ner bestimmten Mobilfunkanlage an ihre Vereinba-
rung mit den kommunalen Spitzenverbänden vom 09.
Juli 2001 und die am 06. Dezember 2001 abgegebe-
ne freiwillige Selbstverpflichtung halten. Danach soll
die Kooperation mit den Kommunen bei der Errich-
tung von Mobilfunkanlagen verbessert werden.
Wer kann sich an diese Behörden wenden ?
Grundsätzlich kann sich jeder an diese Behörden
wenden. Durchsetzen können Sie ein behördliches
Einschreiten aber nur, wenn Sie Nachbar im Rechts-
sinne sind. Rügen Sie Verletzungen baurechtlicher
Vorschriften, sind Sie Nachbar, wenn Sie Eigentümer
eines Grundstückes in Reichweite der Anlage sind
oder ein im Grundbuch eingetragenes Nutzungsrecht
an dem Grundstück haben. Mietern oder Pächtern
stehen keine Abwehrrechte aufgrund des Baurechts
zu, es sei denn, sie tragen vor, dass mit dem Vorha-
ben gesundheitsschädliche Auswirkungen besonde-
rer Intensität verbunden sind. Wollen Sie ein behörd-
liches Einschreiten allein wegen der Verletzung im-
missionsschutzrechtlicher Bestimmungen durchset-
zen, sind Sie Nachbar im Rechtssinne, wenn Sie
Eigentümer eines Grundstückes in Reichweite der
Anlage sind oder ein im Grundbuch eingetragenes
Nutzungsrecht an dem Grundstück haben, aber auch,
wenn Sie Mieter oder Pächter oder Arbeitnehmer auf
einem derartigen Grundstück sind. Ihre Beziehung
zum Einwirkungsbereich der Anlage muss nur in zeit-
licher Hinsicht hinreichend dauerhaft sein, darf sich
also nicht in gelegentlichen kurzfristigen Aufenthalten
(wie z. B. bei Spaziergängen) erschöpfen.
Anrufung der Gerichte
Lehnt die Behörde ein Einschreiten ab, können Sie
als Nachbar das Verwaltungsgericht anrufen, um das
Einschreiten der Behörde zu erreichen. Daneben

kommt aber z. B. auch eine Inanspruchnahme des
Mobilfunkbetreibers auf dem Zivilrechtsweg in Be-
tracht. Sind Sie Mieter einer Wohnung in einem Haus,
auf welchem eine Mobilfunkanlage nach Abschluss
Ihres Mietvertrages installiert wurde, kann u. U. die
Geltendmachung einer Mietminderung in Betracht
kommen.
Erfolgsaussichten nach der derzeitigen Rechtsla-
ge
Die Erfolgsaussichten des Vorgehens gegen die Er-
richtung oder den Betrieb einer Mobilfunkanlage sind
außerhalb von gütlichen Einigungen mit den Mobil-
funkbetreibern derzeit eher als gering einzustufen.
Dennoch kann der Rechtsweg Erfolg haben. Erfolg-
reich kann die Durchsetzung eines Einschreitens der
Behörden gegen die Mobilfunkanlage auf dem Ver-
waltungsrechtsweg nur sein, wenn Sie Nachbar im
Rechtssinne sind und geltend machen können, dass
die Anlage gegen nachbarschützende Vorschriften
des Öffentlichen Rechts verstößt. Dies sind z.B. die
Grenzwerte der 26. BlmSchV, die Abstandsflächen-
regelungen des Bauordnungsrechts und die Festset-
zungen des Baugebietes in einem Bebauungsplan.
Aber selbst dann hat die Behörde meist noch ein
Ermessen, ob sie einschreitet oder nicht. Eine kon-
krete gesundheitliche Gefährdung durch Mobilfunk-
anlagen nachzuweisen, die ein behördliches Ein-
schreiten gebieten würde, ist nach dem derzeitigen
Erkenntnisstand nicht möglich, wenn die Grenzwerte
der 26. BlmSchV eingehalten werden. Auf athermi-
sche Wirkungen der Mobilfunkanlage kann sich der
Nachbar derzeit nicht berufen, weil nach dem heuti-
gen Erkenntnisstand der Nachweis der Kausalität
zwischen   athermischen  Wirkungen   und   den   von
Nachbarn vorgetragenen Krankheitsbildern nicht er-
bracht werden kann.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Be-
schluss vom 28. Februar 2002 (Az.:1 BvR 1676/01)
festgestellt, dass derzeit keine Pflicht der Verwal-
tungsgerichte zur Durchführung einer Beweisauf-
nahme über die Behauptung eines Klägers besteht,
dass der Betrieb einer Mobilfunkanlage, die die
Grenzwerte einhält, bei ihm zu gesundheitlichen
Schädigungen geführt habe.
Erfolgreich kann ein Vorgehen - ohne dass eine ge-
sundheitliche Gefährdung vorgebracht werden muss
- aber insbesondere dann sein, wenn die Mobilfunk-
anlage in einem reinen Wohngebiet nach der Baunut-
zungsverordnung errichtet wird. Allein der Verstoß
gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentli-
chen Baurechts führte bislang in einem Fall dazu,
dass das Verwaltungsgericht Düsseldorf im einstwei-
ligen Rechtsschutzverfahren die Errichtung einer
Mobilfunkanlage in einem reinen Wohngebiet vorläu-
fig stoppte. Der Beschluss vom 28.08.2001 (Az.: 9 L
1021/01) ist mittlerweile rechtskräftig und kann beim
Verwaltungsgericht Düsseldorf angefordert werden.
Ist eine Anlage im reinen Wohngebiet städtebaulich
relevant, ist ihre Errichtung nur zulässig, wenn die
untere Baubehörde je nach Lage des Falles eine
sogenannte Ausnahme gewährt oder eine Befreiung
erteilt. Ein Vorgehen auf dem Zivilrechtsweg wird in
der Regel erfolglos bleiben, wenn die Anlage die
Grenzwerte der 26. BlmSchV einhält.

Herausgeber:
Bundesamt für Strahlenschutz
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Postfach 10 01 49
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Telefon: 05341/8 85-1 30
Telefax: 05341/8 85-1 50
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Bundesamt für
Strahlenschutz

Anmerkungen der Elektrosmognews: Es gibt ausser dem erwähnten Urtiel von Düsseldorf inzwischen weitere ähnliche Urteile, z.B. des Verwaltungsgerichts Stuttgart, bestätigt vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim (rechtskräftig). Mobilfunksender sind demnach generell in Wohngebieten ohne Baugenehmigungen nicht zulässig.

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