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Interessante Entwicklungen in Paris: Geordneter Rückzug?

Neuer Vorschlag der Mobilfunkbetreiber in Paris soll eine jährliche Ermittlung der Mittelwerte der 600 am stärksten belasteten Standorte vorsehen

Diese Mittelwerte sollen dann nirgends überschritten werden

Quellen: Verschiedene Berichte von LeFigaro, französischen Umweltschutzorganisationen und der Mobilfunkindustrie, Februar/März 2003

In Paris vollziehen sich derzeit interessante Entwicklungen. Eine sogenannte "Pariser Charta" soll die Strahlenbelastung durch Mobilfunksender und andere Hochfrequenz-Quellen eindämmen und einen weiteren Anstieg der Belastung verhindern. Nachdem es zuerst in verschiedenen Medien einschliesslich "Le Figaro" hiess, hierzu sollen in Paris lokale Limits im Bereich von 1,2-2,5 V/m fixiert werden (Grenzwerte des Privatvereins ICNIRP e.V.: 42-59 V/m), wurde diese Meldung später von der Mobilfunkindustrie dementiert.

Die Internetseite des "unabhängigen" Mitarbeiters des Handyherstellers Alcatel Deutschland, Ralf-Dieter-Wölfle, elektrosmoginfo.de berichtet beispielsweise derzeit, dass es in Paris bisher keine Fixierung eines lokalen Limits unterhalb der ICNIRP-Grenzwerte gäbe. Wortwörtlich heisst es aber dort:

"Der aktuelle Vorschlag der Mobilbetreiber zur Beilegung des Konfliktes sieht anstatt einer Grenzwertsenkung vor, dass auf statistischer Basis ein Mittelwert der Immissionen durch die heutigen Anlagen ermittelt und dass künftig bei einer jährlichen Kontrolle der 600 am stärksten exponierten Orte überprüft wird, dass dieser Mittelwert nirgendwo überschritten wird."

Selbst dieser aktuelle Vorschlag der französischen Mobilfunkindustrie zur geplanten Mobilfunkvereinbarung für Paris zielt damit sehr wohl in die mitgeteilte Richtung zielt, wenn nicht sogar noch weiter.

Denn de facto handelt es sich damit in der Tat um eine deutliche Grenzwertsenkung, denn auch viele der am stärksten exponierten Orte liegen in diesem Bereich, oft sogar deutlich unter 1000 Mikrowatt/Quadratmeter, in jedem Falle sehr deutlich unter den Werten des eingetragenen Privatvereins ICNIRP e.V., dessen thermische Grenzwertempfehlungen in vielen Ländern gesetzlicher Standard wurden, im Interesse der Industrie unter bewußter Vernachlässigung der relevanten athermischen Effekte.

Mit dieser etwas anders klingenden Regelung will man offensichtlich die psychologische Wirkung einer deutlichen Grenzwertsenkung umgehen, indem man keine Zahlen/Werte nennt, das Ergebnis sieht aber nicht viel anders aus, unter Umständen könnte die Eindämmung faktisch sogar noch deutlicher ausfallen, wenn man sich Messwerte stark exponierter Orte anschaut. Fast nirgends werden die utopischen ICNIRP-Grenzwerte auch nur annähernd erreicht. Die Massnahme soll offensichtlich ein weiteres Ansteigen der Elektrosmogbelastung eindämmen und die Tops abschmelzen, was im Grunde als erster Schritt nur begrüßt werden kann.

In einem anderen Artikel der gleichen Quelle (elektrosmoginfo.de) zeigt sich die Schlüssigkeit dieser Annahme:

Zitat: "Kernpunkt der Vereinbarung soll eine Absenkung des für Paris zulässigen Grenzwertes der elektrischen Feldstärke von 41 bis 58 V/m (nationaler Wert gemäss ICNIRP) auf maximal 1,2 bis 2,5 V/m sein. Diese Absenkung würde einige Dutzend der 1.500 Pariser Antennenstandorte treffen."

Daraus ergibt sich: Wenn von der geplanten Absenkung nur einige Dutzend der 1.500 Pariser Antennenstandorte betroffen sein sollen, so kann man wohl davon ausgehen, dass eine Mittelung der 600 am stärksten betroffenen Standorte und nachfolgende Kontrolle bzw. Orientierung an diesem Mittelwert im Ergebnis sehr wohl zur Absenkung der Limits fuer die Standorte führt, die diesen Mittelwert uebersteigen und zwar wohl in den vorher diskutierten Bereich hinein oder sogar noch tiefer, in jedem Falle aber zu einer lokalen Festschreibung von Limits, die deutlich niedriger sind als die utopischen ICNIRP-Werte.

Die französische Tageszeitung Le Figaro berichtet in ihrer Ausgabe vom 10. März 2003 ausführlich über dieses Thema und bestätigt darin unsere Annahmen.

Der Text der Charta solle u.a. intelligent, unumstritten und entwicklungsfähig sein, denn er wird folgenschwer sein, heisst es. Der Druck sei groß. De facto würde mit dieser Vereinbarung zum ersten Mal in Frankreich ein lokales Limit für die Strahlenbelastung durch elektromagnetische Felder definiert, das sehr viel niedriger sei als der gesetzliche Grenzwert.

Die Mehrheit der Einwohner der Hauptstadt sei nur schwachen Feldern ausgesetzt, es handele sich darum, die atypischen Situationen zu verbessern. Die Definition eines Durchschnitts hätte zu heftigen Diskussionen geführt. Konkret dürften die Felder an den Lebensorten nicht höher als etwa 2 Volt pro Meter sein.Bei Überschreitungen müßten korrektive Maßnahmen wie Verdopplung der Antennenzahl oder Änderung ihrer Ausrichtung vorgenommen werden.

Weiter heisst es in "Le Figaro":

"Faktisch wird die Anwendung dieser Verpflichtung nur einige Dutzend Antennen der 1.500 Pariser Standorte  betreffen. Aber der Text, der von Umweltschutzorganisationen als "gewaltiger Fortschritt" bezeichnet wurde, hat einen starken symbolischen Wert."

Die Charta würde "Beispielwert" habe, in allen französischen Städten würden sofort ähnliche Regelungen angestrebt werden. Daher müsse in dem Dokument jedes Wort abgewogen werden.

Anwohnern sollen detailliere Informationen über die Antennen in ihrem Viertel zur Verfügung gestellt werden.

Die Charta soll regelmäßig aktualisiert werden. Forderungen nach umfassender Kartographierung aller Strahlungsquellen einschliesslich Rundfunk-/TV-Sender, Radaranlagen usw. werden laut.

Das Abkommen soll in Kürze von der Stadt Paris und der Mobilfunkindustrie unterzeichnet werden.

Kommentar der Elektrosmognews: Ein begrüßenswerter Schritt in die richtige Richtung, der jedoch nicht ausreicht. Die Strahlenbelastung durch Mobilfunksender, Handys, DECT-Telefone, Radaranlagen usw. muss in weitaus stärkerem Maße gesenkt werden und zwar bis hin zu Levels, bei denen selbst auf Zellebene keinerlei negative Wirkungen mehr auftreten, unter Berücksichtigung eines großzügigen Sicherheitsfaktors, wie er beispielsweise bei Pestiziden angewandt wird.

Dies ist durch intelligente Netzplanung und verbesserte Technologie möglich. Erfreulicher Nebeneffekt dabei wären niedrigerer Stromverbrauch durch niedrigere Sendeleistungen und vor allem der verantwortungsvolle Schutz der Gesundheit von Anwohnern und Handynutzern und damit wieder steigende Akzeptanz und verbessertes Image. Damit würde jeder gewinnen.

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