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Heitersheim: Stadt läßt Mobilfunkbetreiber abblitzen - Grundstück wird nicht zur Verfügung gestellt

Quelle: Badische Zeitung, 18.01.2002

„Wahl zwischen Teufel und Beelzebub“
 
Heitersheimer Rat mehrheitlich gegen Mobilfunkstation auf gemeindeeigenem Grundstück im Gewann Schilzberg        
     
HEITERSHEIM (mo). Die Stadt Heitersheim stellt ihr Grundstück im Gewann Schilzberg nicht für eine Mobilfunkstation zur Verfügung. Nach sachlicher Diskussion gab es für diese Entscheidung Applaus von der Interessengemeinschaft, die eindringlich vor Gesundheitsrisiken gewarnt hatte.

Mit Ulrike Pigulowski, Harald Höfler und Martin Zotz sprachen sich drei Stadträte für diesen Standort aus. Dagegen waren Bernd Mohr, Angelika Rupp, Peter Kaltenbach, Hermann Meier, Fritz Teichmann, Fritz Lampp, Bernd Brendle, Thomas Höfler, Helmut Hurst und Wilma Schmidt. Der Stimme enthielten sich Rudolf Epp, Dieter Hennig, Eva Markowski, Diethard Zirlewagen und Bürgermeister Jürgen Ehret.

Gleichwohl hatte der Rathauschef gewarnt: „Lehnen wir heute den Schilz- berg ab, kann er morgen überall sein.“ Denn niemand garantiere, dass nicht ein privates Grundstück zur Verfügung gestellt werde. In Dorf-, Misch- und Kerngebieten könne die Stadt bei einer Sendeanlage unter zehn Metern baurechtlich keinen Einfluss mehr nehmen. Kontrolle sei nur auszuüben, wenn man selber die Dinge per Mietvertrag regele. Und das sei an dem mit T-Mobil einvernehmlich ausgeguckten Grundstück am Schilzberg möglich. „Aber“, fügte er hinzu, „machen Sie was Sie wollen. Es ist mir grad egal.“

Die Vorgeschichte: D'2 Vodafone hatte am Lehenbühl ein Grundstück von privat gemietet, um eine genehmigungsfreie Sendeanlage zu erstellen. Angesichts des nahen Wohngebietes bat die Stadt um Zurückstellung und bot an, einen Platz außerhalb der Bebauung zu ermitteln. Ein Gutachten bewertete vier Standorte. Für den Verhandlungspartner T-Mobil waren die Bereiche Villa Urbana und Schilzberg akzeptabel. Bei der favorisierten Villa gab es jedoch Einsprüche vom Denkmalamt. Ein Aussichtsturm zur Sender-Kaschierung war zu teuer.

Ehret räumte ein, dass Gesundheitsrisiken weder auszuschließen, noch restlos erforscht seien und die Grenzwerte trotz erheblicher Bedenken nicht verändert wurden. Die rechtlichen Vorgaben habe der Gesetzgeber zu verantworten. Ehret bekundete Verständnis für die besorgten Bürger. Schizophren sei jedoch, dass jeder gegen die Anlagen sei, aber ein Handy benutze.

Stadtrat Fritz Teichmann, der sich morgens noch für befangen erklärt hatte, fühlte sich spontan zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung bereit, da er 160 Meter von dem Standort entfernt wohne und es sich lediglich um eine Mietsache handle. Er befürchtete, dass T-Mobil am Schilzberg eine 20 Meter hohe Großsendeanlage plane, die einen viel größeren Bereich als Heitersheim versorgen und überdies für UMTS in alle Richtungen abstrahlen solle, da es dafür noch keine Stationen gebe. Stadträte seien dem Gemeinwohl verpflichtet, so Teichmann. Die Frage sei, ob dies „online“ oder „Gesundheit“ heiße.

Einen „Spagat“ sah Ratsherr Dieter Hennig zwischen Funkabdeckung und Gesundheit, Mitspracherecht und willkürlichem Standort. Ihm mache ein Funkloch nichts aus, meinte er, und er hätte auch privat keine Fläche zur Verfügung gestellt. Selbst „handylos“ wollte Harald Höfler „die Schilzberg-Kröte schlucken“, weil er nicht nur die Bürger der Interessengemeinschaft zu vertreten habe, sondern alle. Millionen von Handybesitzern wollen guten Empfang, argumentierte er, und er wolle nicht riskieren, dass mitten im Ort ein Sendemast entsteht. Im übrigen sei die Benutzung von Handys und schnurlosen Telefonen ebenso riskant.

Er könne weder Risiken noch Argumente beurteilen, wolle aber in jedem Fall gesundheitliche Schäden ausschließen, ließ Helmut Hurst wissen. Während auch für Wilma Schmidt und Hermann Meier Gesundheit Vorrang hatte, bevorzugte Martin Zotz, am Schilzberg Auflagen zu formulieren, statt den Sendeanlagen in Heitersheim freien Lauf zu lassen.

Eva Markowski fand die Standortsuche zwar beispielhaft, mochte sich aber nicht festlegen. Als „Wahl zwischen Teufel und Belzebub“ empfand Ratsherr Rudolf Epp die Entscheidung. Es gehe nicht um ein „Dafür“ oder „Dagegen“. Mehr Handys als Festnetzanschlüsse sprächen für sich. Er sei gegen den Schilzberg, aber auch gegen jeden anderen Standort, so Epp. „Deshalb tauche ich ab und enthalte mich.“ Ulrike Pigulowski wollte die Kontrolle. „Ein Sendemast mitten im Ort wäre das Schlimmste, was passieren könnte.“

Ein Standort an der Gemarkungsgrenze zu Ballrechten-Dottingen oder im Rebberg weit weg von Bebauung käme Fritz Lampp entgegen. Als bei der ZG und am Eschbacher Buck Sendeanlagen installiert wurden, habe ihn niemand gefragt, kritisierte Bernd Mohr. Wenn er jetzt entscheiden müsse, sage er nein. „Dann kann ich nichts falsch machen.“

Thomas Höfler empfahl, zwei Handys mit verschiedenen Betreibern zu ordern, um Funklöcher sicher zu überbrücken. Er sei gegen den Schilzberg und für die Hoffnung, dass nirgendwo sonst ein Sendemast hinkommt. Mit Hoffnung, so Ehret, dürfe man sich in diesem Fall nicht zufrieden geben.

Unliebsame Installationen könne man nur unterbinden, wenn man selber den Vertrag abschließe. Handys seien Segen und Fluch zugleich, ein guter Empfang aber allemal auch eine Wirtschaftsstandortfrage.

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