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Offener Brief einer Ärztin an Bundesumweltminister Trittin

Quelle: W&G, Nr 103

Offener Brief - Betrifft Mobilfunk
An Herrn Jürgen Trittin
Umweltminister

Alexanderplatz 6

10178 Berlin

Sehr geehrter Herr Trittin,

kürzlich nahm ich an einer Veranstaltung teil zum Thema "Mobilfunk", wobei ich zu den initiierenden Mitgliedern gehörte. Selbst mit erheblichen Beschwerden belastet hörte ich dort mit größtem Befremden, dass Sie auf den Brief einer Betroffenen so reagierten, als handele es sich bei den mobilfunkbedingten Beschwerden der Menschen um bloße Einbildung und bei den Betroffenen um "eingebildete Kranke".

Dazu möchte ich Ihnen in aller Offenheit mitteilen, dass ich eine solche Sichtweise und Reaktion als anmaßend empfinde. Offenbar haben Sie noch nie an einer Veranstaltung teilgenommen, in der Betroffene anwesend waren und ihre Beschwerden vorgetragen haben, sonst hätten Sie bemerkt, dass die Betroffenen bodenständige und ernstzunehmende Menschen sind, die nicht zum Vergnügen ihre Freizeit mit diesem im wahrsten Sinne des Wortes leidigen Thema verbringen.

Sollten Sie dennoch schon an ernsthaften Veranstaltungen zum Thema teilgenommen haben, so ist Ihre Einstellung noch weniger nachvollziehbar. Sie machen damit Ignoranz und Fahrlässigkeit offenkundig und verkaufen das Vertrauen der Bevölkerung, das Sie und Ihre Regierungskollegen dringend brauchen könnten. Ich selbst hatte gerade zu Ihnen noch am meisten Vertrauen, als Sie Ihren konsequenten Kurs zum Atomausstieg trotz aller Angriffe vertreten haben und habe mich besonders gefreut, als Sie bezüglich der  Amerika-Geschichte geäußert haben, dass man als Verbündete der USA dennoch nicht zu allem "Ja und Amen" sagen müsse.

Um so weniger verstehe ich, weshalb Sie zu diesem kriminellen Mobilfunkunfug "Ja und Amen" sagen, ohne sich offensichtlich ernsthaft informiert zu haben. Als Psychiaterin kann ich Ihnen sagen, dass die allgemeine Uberzeugung, ohne Mobilfunk nicht mehr auszukommen, mittlerweile schon wahnhaften Charakter angenommen hat.

Allerdings kommt man ohne Mobilfunk in der Tat nicht mehr aus, wenn man sich in den Kopf gesetzt hat, die durch die Nutzung eingehenden Beträge wie von einer ewig lebenden Kuh quasi aus dem Äther abzumelken. Man kommt auch nicht mehr ohne Mobilfunk aus, wenn man als "Staat" auf die Idee kommt, den Haushalt durch eine Art freiwillige Luxussteuer zu sanieren, indem man mit wenig Verwaltungsaufwand den Äther verkauft, um ihn mit einer Technologie zu durchdringen, die jedem buchstäblich durch Mark und Bein geht.

An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich das dringende Gefühl habe, dass eine solche Verfügung über den Äther gegen die Verfassung verstößt, da sie in unkalkulierbarer Weise Gesundheit und Entwicklung sowohl der Bürger, vor allem der Kinder und Ungeborenen, als auch die gesamte Natur gefährdet. Als Ärztin ist es mir unbegreiflich, wie man auf Seiten der Politik das fundamentalste Kapital eines Staates, nämlich die körperliche, seelische und geistige Gesundheit der Menschen in diesem Stil und Ausmaß aufs Spiel setzen kann.

Sowohl das aggressive Vorgehen der Betreiber als auch das Nicht-Vorgehen des "Staates und der Kommunen" trotz immer häufigerer deutlicher Warnungen von Seiten verantwortungsvoller Wissenschaftler und Unwillensäußerungen zehntausender Betroffener wie verunsicherter Bürger aus mehreren Ländern legen jedenfalls den dringenden Verdacht nahe, dass es um monetäre Interessen geht, deren "Endziel" nur mit Horror zu ahnen ist. Es entsteht der Eindruck, dass das Nicht-Reagieren des "Staates" Ausdruck einer Verstrickung in diese monetären Interessen ist, so dass souveräne, auf soliden Kritiken beruhende und dem Allgemeinwohl verpflichtete Entscheidungen offenbar nicht mehr möglich sind.

Beobachtet man gerade das Vorgehen der Mobilfunkbetreiber mit wachem Verstand, so übersteigt deren bodenlose Rücksichtslosigkeit mit einer laschen Gesetzgebung als Rückendeckung das Maß des Erträglichen mittlerweile bei weitem. An dieser Entwicklung wird sichtbar, dass wir den Boden eines ehrenhaften, demokratischen, souveränen Staates, der verbindlich dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, längst verlassen haben und uns regressiv zu einer vorzivilisierten Konsum- und Kapitaldiktatur entwickelt haben.

Ich bin der Auffassung, dass man bezüglich des Mobilfunks auf Seiten der Betreiber mit Rückendeckung durch die "Staaten" in Deutschland, Europa und in der Welt zur Zeit nur deshalb noch so hemmungslos vorgehen kann, weil die Dimension des Absurden, Habgierigen und Kriminellen ein Ausmaß erreicht hat, das bereits etwas von Unwirklichkeit  hat. Nur wenige Menschen haben die Phantasie und Courage, das Ausmaß dieses abgründigen Wahnsinns in seiner ganzen Konsequenz zu Ende zu denken und das Ergebnis dann zu ertragen. Diese Unfähigkeit und Weigerung der Massen, dem Abgrund ins Auge zu sehen, ist die Bühne, auf der Sie sich diesbezüglich derzeit bewegen und stellt den Vorhang dar, hinter dem die Betreiber und ihre Mitgewinnler ihre wirklichen Interessen verbergen können.

Doch haben Sie sich schon einmal überlegt, was passiert, wenn sich auf einmal Befunde ergeben, die selbst ein überzeugter Mobilfunknutzer nicht mehr von der Hand weisen kann? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie Sie dann aus dieser Technologie herauskommen, ohne politisch in hohem Bogen aus dem Sattel zu fliegen? Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie ein überzeugter Nutzer reagieren könnte, wenn sein Kind nun doch nach 10 Jahren Handygebrauch (oder weniger!) einen Schläfenlappentumor entwickelt? Wollen Sie sich dann in die sattsam bekannte Ausrede flüchten, sie hätten von allem nichts gewusst?

Mit dem derzeitigen politischen Kurs bezüglich Mobilfunk wird vor allem im ganz großen Stil kriminelle Profitgier legalisiert, zu Lasten des Allgemeinwohls von Millionen Menschen, unter Aufgabe jeglicher Rechtsstaatlichkeit. Damit werden gefährliche Keime für eine grundlegende Anarchisierung gelegt. Das politische und ökonomische Signal im Land heißt derzeit doch: "Hier darf jeder alles zu seinem Profit machen, wenn er sich nur die Mittel dazu verschafft." Welche Reaktionen vermuten Sie, wenn selbst für die noch schlafenden Massen die Gefährlichkeit des Mobilfunks unabweisbar wird, weil sie mittlerweile selbst spürbar betroffen sind? Aus meiner Sicht steht zu befürchten, dass eine anarchische Gewaltwelle über das Land fegt, die mit schönen Worten nicht mehr zu halten sein wird, denn das politische Signal wird dann so verstanden werden: "Väterchen Staat hat unsere Gesundheit und die unserer Kinder im ganz großen Stil verkauft wider besseres Wissen und einen Gewinn dabei gemacht, von dem wir nie etwas gesehen haben."

Strahlen und ihre Auswirkungen sind keine Glaubensfrage, sondern physikalische Erscheinungen mit wissenschaftlich beobachteten Wirkungen. Wir haben als sogenannte Hochzivilisierte genügend Erfahrung mit technisch erzeugter und natürlicher Strahlung, um ihre Natur einigermaßen einschätzen zu können und damit vor allem die Gefahren. Speziell die Erfahrungen mit technisch erzeugter elektromagnetischer Hochfrequenzstrahlung als Kind der Radartechnologie sind bereits mehrere Jahrzehnte alt. Dieses Wissen verpflichtet. Die elektromagnetische Strahlung, um die es geht, hat die Aufgabe, Häuser und Wände zu durchdringen und tut es auch, ebenso lebende Organismen. Abgesehen von den Erkenntnissen, die es bereits gibt, kann sich kein seriöser Wissenschaftler erlauben, ihre Ungefährlichkeit verbindlich zu bescheinigen. Eine solche Haltung kommt eher den von uns als abergläubisch verhöhnten Beschwörungsritualen sogenannter Primitiver gleich. Die verharmlosenden Unschädlichkeitsbeschwörungen der Betreiber mit beschwichtigenden Staatsmännern im Schlepptau wirken vor allem feige, verlogen und verantwortungslos.

Ich möchte mit aller Deutlichkeit klarstellen, dass es bei dieser Angelegenheit nicht mehr um pfiffige neue Erfindungen der "Zivilisierten" geht und auch nicht um querolatorisch gefärbte Aufstände psychisch instabiler Leute. Es geht um eine weltweite Wirtschaftsentwicklung, mit der der Mobilfunk innig verwogen ist, die einen verantwortungsvollen (welt-)politischen Bezugsrahmen verlassen hat und zutiefst destruktiv, dissozial und primitiv im Denkansatz ist. Diese Politik wird von den Mächtigen der Welt betrieben und Deutschland hängt sich ergeben an die Rockzipfel internationaler Großhabgier, anstatt sich auf Staatskunst, soziologische, wissenschaftliche, psychologische und vor allem humanistische Grundsätze zu besinnen und souverän und weitsichtig einen Aufruf zum Ziehen der Notbremse ertönen zu lassen.

Sehr geehrter Herr Trittin, zum einen bin ich selbst betroffen, zum anderen höre ich in meiner Praxis täglich Berichte über die Abgründe der Menschheit und sehe insbesondere die Zusammenhänge zwischen Politik und seelischer Krankheit des Individuums. Ich habe deshalb weder die Geduld für vordergründige, allgemein gehaltene Ausflüchte noch für die Verdrehung von Realitäten.

So bitte ich um eine ehrenhafte Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Alexandra Obermeier Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, München

aus W&G, Nr 103

(Offener Brief, der bisher unbeantwortet blieb)

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