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Spanien: Wissenschaftler schließen sich zusammen - mehr als 600 Studien ausgewertet, drastische Grenzwertsenkung gefordert, Deklaration von Alcala unterzeichnet

Von unserem spanischen Korrespondenten Alberto Soria

Mehr als 600 Studien ausgewertet - viele athermische Wirkungen gefunden - drastische Senkung der Grenzwerte gefordert

Deklaration von Alcala unterzeichnet - Erklärung offen für Wissenschaftler aus aller Welt

Alcala de Henares, 08. Mai 2002.

Spanische Wissenschaftler der Universitäten von de Alcalá de Henares, Valencia und Zaragoza sowie Forscher verschiedener Kliniken haben sich zusammengeschlossen und am 8. Mai 2002 die "Deklaration von Alcala zu Elektrosmog und öffentlicher Gesundheit" unterzeichnet.

Die Wissenschaftler stellen sehr grossen Forschungsbedarf fest und verweisen auf erhebliche Unterschiede bei den Grenzwerten der einzelnen Länder. Bei 900 MHz läge der Grenzwert in den USA beispielsweise bei 10 Millionen  Mikrowatt pro Quadratmeter, in Spanien und Deutschland bei 4,5 Millionen, in Bulgarien, Ungarn, Italien und Polen bei 100.000, in Luxemburg und Wallonien (Belgien) bei 24.000, in Salzburg und in Castilla La Mancha (sensible Zonen) bei 1.000 und in Südneuwales (Neuseeland) sogar nur bei 10 Mikrowatt pro Quadratmeter.

Die Wissenschaftler warnen vor ähnlichen Erfahrungen bei Tabak, Asbest, saurem Regen, DDT oder PCB, wo Gesundheitsschäden ebenfalls lange abgestritten wurden, bis die Beweise so erdrückend waren, daß die Zusammenhänge bewiesen waren und fordern eine strikte Befolgung des Vorsorgeprinzips.

Die Wissenschaftler haben mehr als 600 veröffentlichte Studien ausgewertet und viele athermische Effekte gefunden.

Verschiedene Studien unabhängiger Labors zeigten, dass Funkfrequenzen niedriger Intensität u.a. folgende athermische Effekte bewirken können:

- Veränderung der dynamisch-funktionalen Charakteristika der Zellmembran
- Veränderung der Übertragung physikalisch-chemischer Signale
- Erzeugung von Zellwucherungen
- Erhöhung von Tumorzell-Präsenzmarkern.

Mehr noch, die beim Mobilfunk genutzten Funkfrequenzen, scheinen auf athermischem Wege eine Vielzahl von Gehirnfunktionen zu beeinflussen (einschließlich endokrines System). Von daher sei es nicht verwunderlich, dass bei der Symptomatik von Personen, die elektromagnetischen Feldern ausgesetzt sind, neurologische Aspekte im Vordergrund stünden.

Hingewiesen wurde auch auf die Wirkung der Strahlung auf das Dopamin-Opiat-System des Gehirns und die Erhöhung der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke. Schlafstörungen kongruierten mit der Veränderung des Melatonin-Spiegels und anderer Neurohormone. Elektromagnetische Strahlung könne auch Störungen des Hörvermögens sowie Verhaltensänderungen verursachen, welche durch erhöhten Streß verursacht würden.

Um Fehler der Vergangenheit zu vermeiden, sei es wichtig, auch die bereits existierenden Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen von Radio- und Fernsehsendern sowie Radarstationen auf die menschliche Gesundheit zu überprüfen, da der analoge Mobilfunk ähnliche Signale benutze wie Rundfunk- und Fernsehstationen und der digitale Mobilfunk auf gepulsten Mikrowellen basiere, die den Radarsignalen sehr ähnelten, auch wenn andere Frequenzen verwendet würden. Epidemiologische Studien bei Personen, die der Strahlung von Rundfunk/TV-Sendern und Radarstationen ausgesetzt waren, zeigten bereits erhöhte Tumorzahlen sowie Wirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem sowie auf das Nerven- und Fortpflanzungssystem.

Die Wissenschaftler fordern deshalb, den Schutz der Gesundheit der Menschen über wirtschaftliche Interessen zu stellen und die Grenzwerte auf Werte zu senken, die mögliche Effekte auf Zellniveau ausschliessen. Es habe keinen Sinn, dass in der EU derart verschiedene Kriterien zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung existierten. Massive Grenzwertsenkungen seien technisch möglich, die Aufrechterhaltung der hohen Grenzwerte, die ausschliesslich auf thermischen Effekten beruhten, sei unbegründet und ignorierte die vielen wissenschaftlichen Studien, die athermische Effekte gefunden hätten.

Die Wissenschaftler fordern die Absenkung der Grenzwerte auf höchstens 1000 Mikrowatt pro Quadratmeter (Salzburger Vorsorgewert) oder niedriger.

Zur Wahrheitsfindung sei es nicht förderlich, kritische Stimmen zu ignorieren, damit könne man die Wahrheit nur für eine gewisse Zeit verheimlichen.

Die Wissenschaftler fordern Kollegen im In- und Ausland auf, sich mit ihrer Unterschrift dieser Deklaration anzuschließen.

Unterzeichnete:

Prof. Dr. José Manuel Rodríguez Delgado, ehemaliger Dozent an der Universität Yale und Professor für Physiologie der  Universität Universidad Autónoma, Madrid

Dr. José Luis Bardasano, Zirbeldrüsen-Experte und Leiter der Abteilung Medizinische Fachgebiete der Medizinischen Fakultät der Universität Alcalá de Henares

Prof. Dr. María Jesús Azanza, Professorin für Biologie und Magnetobiologie der Medizinischen Fakultät der Universität Zaragoza

Dr. Claudio Gómez Perretta, Forscher des Universitätskrankenhauses Valencia (seit kurzem auf diesem Gebiet nur noch privat tätig, da die Krankenhausleitung ihm kürzlich jede weitere Forschung untersagte)

Dr. Ceferino Maestu, Dozent der Medizinischen Fakultät Alcalá de Henares

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