A)
Übersetzte Studienbeschreibung aus
http://www.kinderkrebsregister.ch/index.php?id=2010&type=98
Hintergrund: Es wurde vermutet, dass
Kinder bei der Exposition hochfrequenter elektromagnetischer Felder von Mobiltelefonen
stärker gefährdet sein könnten als Erwachsene, es wurden aber keine epidemiologischen
Studien über die Beziehung bisher durchgeführt. Der Mangel an Wissen ist Ursache
widersprüchlicher Empfehlungen von Entscheidungsträgern, was zu Angst und Unsicherheit
in der Bevölkerung führt. Die WHO hat einer Fall-Kontroll-Studie zu Hirntumoren
bei Kindern auf der Forschungsagenda ihrer Jahreskonferenz 2006 zu hochfrequenten
elektromagnetischen Feldern eine hohe Priorität zugeordnet.
Ziele:
Das Hauptziel der Studie ist es, zu untersuchen, ob mit Nutzung von Mobiltelefonen das Risiko der
Entwicklung von Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen steigt. Darüber hinaus
wird unsere Studie einen umfassenden Datensatz liefern, um andere potenzielle
Risikofaktoren für Hirntumore in der Kindheit zu untersuchen.
Studiendesign:
Die Fragestellungen werden mittels einer Fall-Kontroll-Studie in Dänemark, Norwegen,
Schweden und der Schweiz untersucht. Die Fälle werden durch eine Kombination
von Registrierungs-Daten und Informationen von den Stationen, die die Patienten
behandeln (z. B. Swiss Paediatric Oncology
Group: SPOG), identifiziert. Alle Fälle von Gehirntumoren in der Altersgruppe
7-19 Jahre zwischen Mai 2004 und April 2008 sind zur Teilnahme eingeladen worden.
Insgesamt umfasst das Studium voraussichtlich
550 Fälle von Hirntumoren aus den teilnehmenden Ländern, davon stammen 100
aus der Schweiz. Für jeden Erkrankungs-Fall wurden zwei Kontrollpersonen
zufällig aus der Allgemeinbevölkerung ausgewählt, abgestimmt auf Alter,
Geschlecht und geografische Regionen.
Expositionsabschätzung:
Informationen über das Ausmaß der Exposition gegenüber hochfrequenten Feldern
von Mobiltelefonen und anderen bekannten und vermuteten Risikofaktoren für
Hirntumoren bei Kindern werden durch „Computer Assisted
Personal Interviews“ von einem Interviewer zusammengetragen, der für diesen
Zweck ausgebildet ist. Die Interviews werden entweder im Krankenhaus oder bei
den Studienteilnehmern zu Hause durchgeführt. Objektive Informationen über die
Häufigkeit und Dauer der Nutzung von Mobiltelefonen werden von Mobilfunkbetreibern
und aus den gespeicherten Informationen des gerade im Gebrauch befindlichen
Telefons eingeholt.
Daten-Analysen: Die Daten werden mit bewährten statistischen
Methoden für Fall-Kontroll-Studien ausgewertet, in erster Linie über
logistische Regressionsmodelle, die auf potenzielle Störfaktoren abgestimmt
sind. Um mögliche Gen-Umwelt-Interaktionen zu untersuchen, wird
DNA aus Speichel-Proben extrahiert und analysiert. Polymorphismen in Genen, die
oxidativen Stoffwechsel bewirken, Entgiftung von Karzinogenen, DNA-Stabilität
und -reparatur oder Immunantwort sind Kandidaten, die genetische Anfälligkeit
für Hirntumoren verleihen könnten.
B) Ergebnisse-Zitat laut
Abstrakt (übersetzt): http://jnci.oxfordjournals.org/content/early/2011/07/27/jnci.djr244.full
Ergebnisse: Regelmäßige
Nutzer von Mobiltelefonen wurden, verglichen
mit den Nichtnutzern, statistisch nicht signifikant häufiger mit Hirntumoren diagnostiziert
(OR = 1,36; 95% CI = 0,92 bis 2,02). Kinder, die mit dem Handy-Gebrauch
mindestens 5 Jahren vorher gestartet sind, hatten kein erhöhtes Risiko im
Vergleich zu denen, die nie regulär Mobiltelefone
(OR = 1,26, 95% CI = 0,70 bis 2,28) verwendeten. In einer Untergruppe der Studienteilnehmer,
bei denen Betreiber-Daten zur Verfügung standen, wurde das Hirntumor-Risiko auf
die verstrichene Zeit bezogen, die seit dem Vertragsbeginn des Handy-Abonnements
vergangen, aber nicht mit dem Umfang der Nutzung verbunden war. Kein erhöhtes
Risiko von Hirntumoren wurde für Hirnareale mit den höchsten Exposition-Werten beobachtet.
Fazit: Das Fehlen einer Expositions-Wirkungs-Beziehung sowohl im Hinblick auf den
Umfang der Handy-Nutzung als auch der Lokalisierung des Hirntumors spricht
gegen einen kausalen Zusammenhang [bezüglich der gestellten Ausgangs-Fragestellung].
C) Übersetzter
Hintergrund-Bericht aus MicrowaveNews vom 28./29.7.11
( Louis Slesin)
aus: http://www.microwavenews.com/CEFALO.html
EE European Study Reports: Kein
Hirntumor-Risiko unter jungen Handy-Nutzern.
Wieder einmal sind
die Ergebnisse verwirrend
Hier gilt die goldene Regel für alle Handy-Krebs-Studien: Nichts kommt einfach
daher.
Die erste Studie, die sich den Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen widmet,
die ein Handy benutzt haben, kam heute heraus, und es zeigt sich kein erhöhtes
Risiko. Nun, eigentlich zeigt die Studie, als CEFALO bekannt, ein höheres
Risiko - das Problem ist, dass es ein höheres Risiko für alle Kinder zeigt, die
ein [Funk-]Telefon mehr als einmal pro Woche für 6 Monate nutzen, unabhängig
davon, wie viel Zeit sie am Telefon verbrachten. Weil sich das Risiko nicht bei
stärkerem Gebrauch erhöht, argumentiert das CEFALO-Team, dass die Ergebnisse
gegen einen echten Zusammenhang sprechen.
"Das Muster der Ergebnisse scheint mir, als gäbe es keinen kausalen
Zusammenhang hinsichtlich des erhöhten Risikos bei langfristigem Gebrauch",
sagte Martin Röösli MicrowaveNews. Röösli, am Schweizer Tropen- und Public Health
Institute der Universität Basel arbeitete an dem Schweizer Bestandteil von CEFALO.
Die anderen teilnehmenden Länder sind Dänemark, Norwegen und Schweden. Die Ergebnisse
wurden heute auf der Website des Journal of the National Cancer Institute (JNCI) veröffentlicht.
Die höheren Risiken, die sich in CEFALO der 7- bis 19-Jährigen zeigten, sind
das Gegenteil von jenen in der letztjährigen Interphone-Studie.
Die Interphone-Daten zeigten ein systematisch geringeres
Risiko von allen Benutzern von Mobiltelefonen, außer für diejenigen, die ihnen am
stärksten ausgesetzt waren. Praktisch niemand glaubt, dass die schützende
Wirkung von Mobiltelefonen, die sich in der Interphone-Studie
ergab, real ist. Dennoch sind einige Beobachter nicht bereit, die erhöhten
Risiken in CEFALO zu vernachlässigen.
"Es ist schwer, an Studien zu glauben, die derart bizarre Ergebnisse
liefern", sagte Sam Milham. "CEFALO ist
keine zufällige Verteilung von Odds Ratios [OR]. Wenn
überhaupt, dann sagt es mir, dass es möglicherweise ein Krebsrisiko gibt."
Milham, der Epidemiologe,
der vor rund 30 Jahren zuerst berufliche Expositionen von EMF mit Leukämie verknüpfte,
ist der Autor von „Dirty Electricity“.
"In der Interphone-Studie wurden ungewöhnliche OR’s ausgemacht, die deutlich geringer als „1“ waren,
während in der CEFALO-Studie ungewöhnlich die große Zahl von OR’s war, die die 1 überschritten“, sagte Robert Tarone vom Internationalen Epidemiology
Institute (IEI) in einer E-Mail an MicrowaveNews . "Diese Ergebnisse sind typisch, aber
sicherlich unterstützen sie keinen kausalen Zusammenhang." Tarone, zusammen mit John Boice,
schrieb einen Leitartikel, der das CEFALO-Papier in JNCI begleitet. Beide, Tarone und Boice, sind Absolventen
des National Cancer
Institute.
"Im Einklang mit praktisch allen Studien an Erwachsenen, die der
[RF-Strahlung], ausgesetzt waren, wurden [in CEFALO] keine überzeugenden
Beweise dafür gefunden , dass Kinder, die Handys benutzen,
einem höherem Risiko für die Entwicklung eines Hirntumors ausgesetzt sind",
stellten Boice und Tarone&xnbsp; in ihrer Reaktion fest.
Joel Moskowitz von der University of
California Berkeley School of
Public Health sieht das anders: "CEFALO spricht für
einen zwingenden Beweis zugunsten eines erhöhten Risikos", sagte er. Moskowitz weist darauf hin, dass die Studie kurz vor der erwarteten
Anzahl von Patienten zu liegen kam: Statt 550 Fällen von Kindern mit
Hirntumoren gibt es nur 352. "Hätten sie mit der erwarteten Anzahl von
Fällen geendet, wäre es sehr wahrscheinlich, dass die Ergebnisse statistisch
signifikant ausgefallen wären", sagte er.
Röösli räumt ein, dass es schwierig ist, die
Ergebnisse der Studie zu deuten. "Ich rang mit mir, als ich die Ergebnisse
gesehen habe", sagte er. "Wir sprachen viel über sie in den CEFALO-Studiengruppe, und wir fragten, ob es ein Indiz
für eine Verbindung oder ein systematisches Problem oder&xnbsp; nur ein Zufall ist?" Am Ende war Röösli davon überzeugt, dass es unwahrscheinlich ist, dass
die erhöhte „Odds Ratios“ Anzeichen für eine tatsächliche
Gefahr sind. „Es ist etwas los, aber ehrlich, ich denke, es ist ein
systematischer Fehler oder Zufall", sagte er. Was Röösli
am überzeugendsten findet, ist die Tatsache, dass die Inzidenz von Hirntumoren
nicht hervorsticht. (Er verweist auf die Inzidenzrate in Schweden zwischen 1990
und 2008, die in der Abb. 1 des Papiers reproduziert ist.) "Plausibilitätsprüfung
ist in der Epidemiologie sehr wichtig", sagte er. „Wir müssen uns fragen,
ob die erhaltenen Ergebnisse plausibel sind, was in der Welt vorgeht. Wir können
nicht beweisen, dass die Daten falsch sind, aber wir können aus den Inzidenz-Daten
zeigen, dass, wenn ein solches Risiko wahr wäre, würden die Raten zugenommen
haben. So etwas muss falsch sein."
Röösli und Tarone sagen,
dass zumindest eine klare Lehre aus der CEFALO- und Interphone-Studie
zu ziehen ist: Es hat keinen Sinn, mehr retrospektive Fall-Kontroll-Studien
durchzuführen. „Wenn ich vor fünf Jahren gewusst hätte, was ich jetzt weiß,
hätte ich diese Studie nicht begonnen", sagte Röösli.
"Prospektive Studien würde mehr Sinn machen."
"Meiner Meinung nach liefern die
besonderen Muster der Ergebnisse der beiden Studien [CEFALO und Interphone] einen wachsenden Konsens, dass der mögliche Zusammenhang
zwischen Hirntumoren und Handy-Nutzung nicht zuverlässig mit
Fall-Kontroll-Studien untersucht werden kann", sagte Tarone.
Er fügte hinzu, dass die CEFALO-Ergebnisse "beruhigend" sind, dass aber
"anhaltende Wachsamkeit notwendig ist."
Hier sind einige der anderen Ergebnisse aus CEFALO, die nicht einfach erklärt
werden:
• Warum ist Norwegen das einzige Land, für das die Kinder einen „OR“ von
weniger als 1 hatten? (Siehe Tabelle 3)
• Warum haben die Kontroll-Probanden "unerwartet"&xnbsp; die Nutzung ihres Handys viel mehr als die erkrankten
Probanden überschätzt? (Zum Beispiel überschätzten die Erkrankten&xnbsp; die Dauer ihrer Anrufe im Durchschnitt um 52%
und die Kontroll-Fälle um 163%. Siehe auf mögliche Fehlerquellen durch die
CEFALO-Gruppe das Papier, das in der Juli-Ausgabe von Bioelectromagnetics veröffentlicht
ist.)
• Warum sind die „OR“ für Astrozytome und andere
Gliome um einiges niedriger als bei anderen Arten von Hirntumoren? (Siehe
Tabelle 3)
• Warum sind die Risiken in der Regel auf der Kopfseite gegenüber der Telefon-Benutzung (kontralateral) höher? (Siehe Tabelle 5)
• Warum sind die Risiken für Tumoren in der Mitte des Gehirns oder für
diejenigen mit unbekanntem Ort viel niedriger als die auf beiden Seiten? (Siehe
Tabelle 5)
Die Ergebnisse der nächsten großen Studie über Handy-Tumor-Risiken
für Kinder – das „Mobi-Kids-Projekt“ - sind ein langer Weg. Es sind noch zwei ergänzende
Jahre der Feldarbeit zu leisten, sagte Elisabeth Cardis,
die Projektleiterin.
Das Papier wird in der Ausgabe des JNCI vom 17. August erscheinen.
Verantwortlich für die
Zusammenstellung und alle Übersetzungen aus dem Englischen:
K. D. Beck