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Schönen Gruß aus „Absurdistan“!

Schönen Gruß aus „Absurdistan“! Oder:
Ein weiteres Beispiel für die gnadenlose Befeldungsverdichtung
- Ergebnisse eines Schriftverkehrs mit dem Wohnungs-Vermieter -

Eine Berliner Vermietungsgesellschaft mit über 70 000 Wohnungseinheiten macht sich auf, nach einer fünf Jahre zurückliegenden Grundsanierung in einem zweistöckigen Wohn-Block von ca. 150 Wohnungen endlich die Heizungs-Verdunster zur Verbrauchsbestimmung der (zentral beheizten) Heizkörper durch elektronisch arbeitende Geräte zu ersetzen. Dadurch wird die Messung genauer, also kann man von einer „Moder-nisierung“ sprechen. Bei der Gelegenheit soll jeder elektronische Zähler mit einer Sendeanlage verbunden werden, die ihre Messwerte alle 4 Stunden zu einem Knotenpunkt mit Sender im Treppenhaus sendet.
(Systembezeichnung: SiemecaTM AMR)

Der bisher einmaligen Abrechnung und dazu notwendigen einmaligen Ablesung im Jahr stehen dann 2190 Messwerte pro Messstelle und Jahr und entsprechend viele versendete Impulsserien im Mikrowellenbereich gegenüber. Wenn man sich daran erinnert, dass im Sommer für fast 5 Monate nicht geheizt wird, die Sende-aktivitäten aber nicht eingestellt werden, ist das schon kurios. Damit es sich trotzdem lohnt, werden auch die schon eingebauten Wasseruhren durch senderbehaftete Ausstattungen ersetzt, die pro Messstelle im selben Rhythmus senden. Dieser Teil ist rechtlich gesehen eigentlich keine Modernisierung, denn die Messgenau-igkeit der Wasseruhren wird durch das Versenden der ermittelten Werte per Funk nicht verbessert oder gar Wasser eingespart, auch wenn der Vermieter so tut. („Das Mieterlexikon“ 2007, S. 242 u. 390) Die ausrei-chende Messgenauigkeit auf 4 Nachkommastellen pro m³ durchflossenener Wassermenge wird sogar durch den Wechsel auf drei Nachkommastellen reduziert.

Bei 6 – 9 Messstellen pro Wohnung kommt trotz „nur“ 50 ms langen Sendevorgängen pro Sender die Durch-dringung der Wellen durch die Wände aus allen eigenen Räumen und den Nachbarwohnungen hinzu. Das macht überschlagsmäßig knapp 1000 s pro Monat zusätzliche Befeldung zu allem, was sonst schon an Mik-rowellen auf uns eindringt (Darin ist das Weiterversenden durch den Knotenpunkt im Treppenhaus mit ein-bezogen.) Die Sendeleistung pro Messstelle ist vergleichbar mit der mittleren Sendeleistung von moderneren schnurlosen Telefonen, nämlich 10 mW am Sender. (Maximum beim Telefonieren: ständig 250 mW). Für die Knotenpunktsender wird 25 mW im Internet genannt.

In dem Informationsmaterial der Installationsfirma werden die Sendezeiten mit 10 s pro Monat angegeben, weil die Befeldung aus den Nachbarräumen außer Betracht gelassen wurde. Das klingt besser, denn der Normalbürger weiß davon nichts.
Außerdem wird damit geworben, dass die Handyleistung bis in den Wattbereich hineinreicht und deswegen weit höher liegt. Das soll wohl den vermeintlichen Effekt der 10 mW-Sender verharmlosen, weil Handys im allgemeinen Gebrauch sind und damit eher toleriert werden. Dass 10 mW das 100 000-fache der Sendeleis-tung von Biomolekülen in unseren Gewebezellen ist und die von ihnen ausgesendeten Wellen im selben Frequenzbereich liegen, wird verschwiegen oder nicht gewußt. Forschungsergebnisse über die Wirkung der Sendefrequenz mit ihren Modulationen auf biologische Systeme wurden nicht vorgelegt, wahrscheinlich weil solche nicht existieren.

Was wird als weiterer wesentlicher Vorteil dieser aufwendigen Neuerung neben der verbesserten Genauigkeit der Wärmeverbrauchsbestimmung ausgegeben: Dass „niemand mehr zum Ablesen die Wohnung betreten muss“. Das „erhöht die Attraktivität der Wohnung ganz wesentlich“, so der Vermieter.
Man kann das umgekehrt auch als deutliche Verschlechterung des Wohnwertes verstehen, weil Messungen in der Wohnung vor der Installation dieser Neuerungen ein Nichtüberschreiten von 5 W (auf den bestrahlten m² bezogen) rund um die Uhr ergeben hat. Das wird jedoch nicht gelten gelassen, weil eine angebliche „Mehrheit an Mietern“ solche „Veränderungswünsche geäußert habe“.

Als weitere Rechtfertigungen für diese Form der „Modernisierung“ werden vom Vermieter genannt:
a) Zur angeblichen gesundheitlichen „Unschädlichkeit“ der Sendevorgänge wird die Einhaltung der „wissen-schaftlich ermittelten Grenzwerte“ ins Feld geführt, nicht wissend, was das bedeutet: denn es handelt sich nur um den Schutz vor der rein physikalischen Erscheinung der Gewebeüberhitzung. Weitere rein bio-chemische oder quantenbiophysikalischen Effekte scheint es für die Gerätehersteller und den Vermieter in lebenden Systemen nicht zu geben. Bei solch einer Herangehensweise werden alle Vorgänge z. B. in Körperzellen auf physikalische Erscheinungen reduziert, da es keinen andersartigen Grenzwert gibt. Dieser Standpunkt entspricht schon seit über 50 Jahren nicht mehr dem Erkenntnisstand. Den genannten Grenzwert (für die Sendefrequenz 868,3 MHz) als alle Probleme erfassenden Wert zu verstehen, ist höchst unwissenschaftlich, weil weitergehendes Wissen einfach ignoriert wird. (In den Erläuterungstexten wird übrigens immer wieder von Grenzwerten im Plural gesprochen, obwohl es nur einen pro Sendefrequenz gibt!) Im übrigen gibt es in manchen Ländern zu dem deutschen Werten deutlich unterschiedliche Werte. (Schweiz, Russland, Tschechien, Neuseeland,...) Die Wissenschaft kommt offensichtlich zu unter-schiedlichen Ergebnissen! Bemerkenswert!



b) Die meisten Mieter seien mit den Änderungen einverstanden, denn nur 3 % hätten Einwendungen geäu-ßert. Kein Wunder: die wenigstens verstehen in dieser hochspezialisierten Welt, was hier richtig bzw. ver-nünftig ist und was nicht. Das als „aktive Zustimmung“ zu deuten, ist „Bauernfängerei“, die besonders per-fide wird, weil den Mietern im Ankündigungsschreiben eingeredet wurde, dass sie wegen der „Modernisie-rungsmaßnahmen“ kein „Einspruchsrecht“ hätten.

Viele Mieter äußern untereinander indessen, dass man gegen die „Modernisierung“ ohnehin nichts unter-nehmen kann, da der Vermieter mit seinen Anwälten vor den Gerichten (realistisch) als die stärkere Partei eingeschätzt wird! Als hätte der Vermieter das gehört, zitiert er im Schriftverkehr vorsorglich Amtsge-richtsurteile, die im Sinne des Vermieterverlangens ausgegangen sind. Dass sich Effekte in biologischen Systemen nicht nach geltendem Recht, sondern nach naturgesetzlichen Gegebenheiten verhalten, ist of-fensichtlich nicht Allgemeingut.

c) Im Schriftverkehr wird außerdem auf die Zulassung der elektronischen Funk-Messgeräte nach DIN EN 834 und nach Heizkostenverordnung verwiesen, was die (angebliche) Prüfung auf elektromagnetische Verträglichkeit voraussetzt und Störsicherheit, ausgehend von den einzubauenden Geräten auf Fremdge-
räte (wie z. B. Herzschrittmacher) einerseits und umgekehrt von Fremdgeräten aus auf die Sende-Geräte andererseits sicherstellt.
Wer weiß schon, was da wirklich untersucht worden ist? Erläutert wird das in der Beschreibung nicht. Mein Vertrauen z. B. auf die Phantasie von Hackern, ein derartiges System auf dem Sendewege lahm zu legen, ist größer als der Glaube an die Wirksamkeit solcher nicht konkretisierter Prüfungsergebnisse!

d) Es wird weiterhin vom Vermieter auf die Rechtsvorgabe verwiesen, dass er bei „Modernisierungen“ das Recht auf „freie unternehmerische Entscheidung“, hier der freien Systemwahl hat. Er wurde näm-lich auch auf das Angebot anderer Hersteller-Sendesysteme mit nur zweimaligem Datensenden pro Messstelle im Monat bzw. nur einmaliges Ansprechen pro Jahr am Tage der Ablesung hingewie-sen.
Auf die Nachfrage, welche Gründe für diese System-Wahl bestimmend waren, wurde erklärt: „die mehrmalige Auslesung am Tage erlaubt es, frühzeitig defekte oder manipulierte Geräte zu erkennen“
Damit „minimieren sich Verbrauchs-Abschätzungen, die wegen defekter Geräte notwendig werden würden“. Wie sich diese Erklärung mit dem Störsicherheits-Versprechen verträgt, bleibt unklar.
Außerdem dürften bei den Wasseruhren wegen ihres kompakten Aufbaus nur Defekte erkennbar werden, die es ohne den Sendezusatz nicht gegeben hätte.

Der Verweis auf die Rechtslage ist allerdings nur solange richtig, wie bei der Anwendung der Rege-lung nicht andere Rechtslagen entgegenstehen, was hier durchaus der Fall ist. Da ist erstens der Datenschutz zu nennen, denn eine derartige Datendichte ist geeignet, auf Verhaltensformen des Nutzers Rückschlüsse zu ziehen. Den Versicherungen des Vermieters, dass derartige Überwachungen für ihn nicht in Frage kommen, ist die Datenschützer-Regel entgegenzuhalten: „Sicher sind Daten nur, wenn sie nicht genommen werden.“ Geheimdienste und Detekteien könnten im Einzelfall sehr wohl Interesse an solchen Informationen haben.

Zweitens ist bei den Sendeanlagen mit regelmäßiger Aussendung von modulierten Mikrowellen, de-nen der in der Wohnung lebende Mieter nur durch Verlassen entkommen kann, das durch den Artikel 174 des EU-Vertrages gegebene Recht auf die Nutzung des „Gebotes der Minimierung von Strahlungsexpositionen“ genommen, es sei denn er zieht aus. (Um dann in der nächsten Wohnung bald mit demselben Problem konfrontiert zu werden!)

Drittens: Wenn unternehmerische Entscheidungen in ihrer Wirkung geeignet sind, gesundheitliche Folgen bei Mietern auszulösen, ist selbstverständlich ein Einspruchsrecht lt. Verfassungsartikel 2 (2) auch nur bei Verdacht angezeigt. („Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrt-heit.“)
Insbesondere wenn Kleinkinder oder chronisch Kranke bzw. Gesundheitsgeschädigte mit verminder-ten Abwehrkräften, wie z. B. bei Krebskranken, in solchen Wohnungen wohnen, liegt durchaus keine gesundheitliche Unbedenklichkeit mehr vor. Wissenschaftlich aussagekräftige Arbeiten zu dem The-ma, die das Gegenteil nachweisen, sucht man nämlich vergebens.

Stattdessen fand man bei Experimenten an Mäusen heraus, wenn zuvor Karzinome chemisch ausgelöst wurden, dass dann bei zweimal halbstündiger Bestrahlung pro Tag mit Mikrowellen-strahlung von 2,45 GHz bei Handy-Feldstärke die Karzinome im Laufe von 18 Strahlungsmona-ten deutlich schneller wuchsen als unbestrahlte. 1)
Also sind Beteuerungen im Ankündigungsschreiben bzw. im technischen Erläuterungsblatt wie:



„Befürchtungen wegen möglicher gesundheitlicher Gefährdungen sind mit Sicherheit unbegründet“ wegen der genannten experimentellen Ergebnisse mit Vorsicht zu genießen. Ganz abgesehen davon, dass die Floskel „mit Sicherheit“ gänzlich fehl am Platze ist. Wissen ist niemals so vollständig, dass in diesem Zusammenhang die Formulierung „mit Sicherheit“ angemessen wä-re. Sie zeugt von der Inkompetenz der Schreiber.
Dass die Mobilfunkwellen als Stressor auf das Immunsystem wirken, ist seit längerem bekannt, was für chronisch Kranke eine zusätzliche Belastung sein kann, denn die Abwehrkräfte werden vermindert.

Schlußfolgerung: Die Vermieter experimentieren mit der Gesundheit ihrer Mieter!

Der spätere Nachweis des ursächlichen Zusammenhanges bei gesundheitlichen Problemen eines Mieters nach Befeldung wäre im Einzelfall wegen der möglichen und auch häufigen Verquickung mit anderen (häufig chemischen) Ursachen wie z. B. bei Allergien und dem Einwirken anderer Funkgeräte streng genommen unmöglich. Entsprechend ist so etwas vor Gericht auch nicht durchsetzbar, so-lange der Vermieter die gesundheitliche Unbedenklichkeit seiner Modernisierung nicht selbst nach-weisen muss. Damit ist der betroffene Mieter immer der Dumme!

Im übrigen wäre zu prüfen, ob nicht auch Verfassungsartikel 13(3) durch die „Modernisierung“ tan-giert ist, wenn der Sendereinbau als „Eingriff ...“ in die Unverletztlichkeit der Wohnung zu deuten ist.

Fazit: Wegen der verbreiteten Unwissenheit der Menschen in dieser komplexen Materie haben die Her-steller dieser Geräte ein leichtes Spiel, sowohl die Vermieter als auch die Mieter „einzuwickeln“ und zu Kauf o. Anmietung auf der einen Seite bzw. zur Duldung des Einbaus auf der anderen Seite zu verleiten.
Allein schon der vorausgehende Schriftverkehr hat ständig den Eindruck vermittelt, dass selbst die Vermietervertreter (Diplom-Kaufleute und Juristen als Vorstandsmitglieder) nicht wissen, wovon sie reden, weil sie Unverstandenes aus Physik und Technik von sich geben, unvollständig oder falsch informieren, gestellte Fragen und grundsätzliche Richtigstellungen nur teilweise beantworten, unrich-tige Rechtsinterpretationen geben, die Gesamtmitteilungen nicht in sich stimmig sind.

Noch ein Beispiel zur Abrundung: „Ein Handy sendet mehr Funkwellen aus als ein elektronisches Funksystem für ein ganzes Gebäude in einem ganzen Jahr.“
Was „mehr Funkwellen“ sind, bleibt das Geheimnis der Schreiber. Eine gänzlich unphysikalische Begriffswahl.

Beim Nachsinnen darüber, wie dieser Sachverhalt einzuordnen ist, muss man sich vor Augen halten, dass es hier, wegen der Größe der Vermietungsgesellschaft, um ein großes (möglicherweise wech-selseitiges) Geschäft geht.

Das Problem der fehlenden naturwissenschaftlichen und technischen Kompetenz unter Juristen wird selbst in Mieterverbänden zum Problem, wenn man einen hilfreichen Berater sucht.

Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen wird es nicht besser, weil dann ein sog. „Sachverständiger“ herangezogen wird. Ein „Sachverständiger“, der diese Bezeichnung verdient, müßte eine solide Aus-bildung in Quantenbiophysik, Biochemie, Strahlenmedizin, Nachrichtentechnik mit Schwerpunkt Mik-rowellentechnik und nicht zuletzt wissenschaftliche Arbeitsmethodik haben und belesen in allem sein, was zur Mobilfunktechnik gedruckt erscheint. Darüber hinaus müßte seine finanzielle Unabhängigkeit gesichert sein, um Parteilichkeit ausschließen zu können.

Nach einer Person, die alle diese Punkte erfüllt, dürfte man vergebens suchen.
Und der Richter hätte dann immer noch das Recht der Wahl, dem Urteil des Gutachters zu folgen oder nicht. Der ewige Konflikt zwischen „Rechtslage“ und „Rechtspraxis“!


K. D. Beck


1) E. K.. Kubiczek, G.H. Harrison: „Evidence For Microwave Carcigonesis Invitro“, Carcigonesis 1985: 6 (6), S. 859 – 664.
Siehe auch:
M. H. Repacholi u. a. :“Lymphomas in E mu-Pim 1 transgenic mice exposed to pulsed 900 MHz electromagnetic fields“, Radiation Research 1997: 147 (5), S. 631 – 640.

Kommentare - Diskussion
Siehe hier
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